Damit Sie immer auf dem Laufenden sind: Hier können Sie unseren Newsletter abonnieren.

EN

Bild des Monats

John Constable, Englische Landschaft, um 1820

John Constable, Englische Landschaft, um 1820

3. JUNI 2022 | AKTUELLES
ROLAND MÖNIG – DIREKTOR

Wie die Landschaft der eigenen Kindheit den Blick prägt, kann man an den Bildern des englischen Malers John Constable (1776–1837) schön sehen. Er wuchs als Sohn eines Mühlenbesitzers in Suffolk auf, einer weiten Landschaft um den Fluss Stour im Osten Englands. Die ruhigen, beschaulichen Dörfer mit ihren rustikalen Steinhäusern, den von Hecken gesäumten Wiesen, Felder und Wegen sowie den Treidelpferden, die die Krähne entlang des kanalisierten Flusses ziehen, haben die Landschaftsauffassung des Künstlers nachhaltig geprägt: „Ich verbinde mit meiner sorgenfreien Kindheit alles, was sich an den Ufern des Stour finden lässt. Diese Szenen haben einen Maler aus mir gemacht. Sie haben mich an Bilder denken lassen, bevor ich noch einen Bleistift in der Hand gehalten habe.“

Diese „Englische Landschaft“ von John Constable kam schon 1906 als Schenkung der Eheleute Julius und Ida Schmits an unser 1902 eröffnetes Museum. Constables Bild zeigt die charakteristischen Züge seiner reifen Schaffensjahre und verbindet auf besonders eindrückliche Weise die malerische Handhabung einer Naturskizze mit der Eigenart eines fertig ausgeführten Gemäldes.

Das Motiv gibt wahrscheinlich die Landschaft nordöstlich von London wieder. Sie zeigt sanft gewellte Hügel, locker bewachsen mit Reihen von Bäumen und Sträuchern. Dazwischen stehen Häuser, einzeln oder zu kleinen Siedlungen zusammengefasst. Ein unebener Feldweg führt in die Landschaft hinein, auf dem ein paar Menschen unterwegs sind. Von vielfältigen Gelb-, Braun- und Grüntönen im Vordergrund entwickeln sich kaum merkliche Übergänge zu den Blautönen, die in der Ferne den Landschaftsraum abschließen. Die Landschaft ist von großer Ruhe erfüllt und gewinnt nur durch die Lichtführung, die auf dem Weg, den Feldern und im Hintergrund ihre Reflexe hinterlässt, eine gewisse Lebendigkeit. Dazu trägt auch der sichtbare Pinselstrich bei, der die Farbe nur auftupft und den Wechsel von Licht und Schatten atmosphärisch zum Ausdruck bringt. Constable gehört zu den großen Erneuerern der Landschaftsmalerei im frühen 19. Jahrhundert. Neu ist die Schilderung der Landschaft um ihrer selbst willen sowie die atmosphärische Wiedergabe des Lichtes. Seine Landschaften beeinflussten die Schule von Barbizon und damit mittelbar auch die Impressionisten.

Zurzeit ist das Bild in der Ausstellung „Hans-Christian Schink – Freudschaftsanfrage Nr.1“ zu sehen. Es tritt in einen Dialog mit den menschenleeren Landschaftsfotos, die der zeitgenössische Künstler (geb. 1961 in Erfurt) in der Serie „Hinterland“ in seiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern aufgenommen hat. Gerade durch die Kombination aus fotografierter und gemalter Landschaft entwickelt sich in der Ausstellung ein schönes Wechselspiel, das zum Nachdenken über Natur und die Spuren, die der Menschen darin hinterlässt, anregt. So funktioniert die „Freundschaftsanfrage“ auch als Augenöffner: Vermeintlich Vertrautes lässt sich mit neuen Augen sehen.

Weitere Beiträge

Gabriele Münter, Landschaft mit Raureif, 1911
Bild des Monats
Georges Seurat , Mann neben dem Baum, Studie zu „Ein Sonntag auf der Grande Jatte“, 1884/85, von der Heydt-Museum
Bild des Monates
Paul Cézanne, Die Eremitage in Pontoise, 1881
Bild des Monats

FINDE KÜNSTLER:INNEN,
WERKE UND AUSSTELLUNGEN