DIE SAMMLUNG DES VON DER HEYDT-MUSEUMS
Mit weltbekannten Werken der niederländischen Malerei und des 19. Jahrhunderts, mit Gemälden von Claude Monet, Franz Marc, Ernst Ludwig Kirchner und Otto Dix, Pablo Picasso und Francis Bacon gehört das Von der Heydt-Museum zu den international renommierten Kunstorten Deutschlands. Über 2000 Gemälde, 500 Skulpturen und 30.000 grafische Blätter gehören zum Bestand, der in wechselnden großen Ausstellungen präsentiert wird.
Das frühe 20. Jahrhundert
Die Vielfalt der Stile, die international von verschiedenen Künstlergruppen entwickelt wurden, macht heute den Reichtum des Museums aus: Den Werken der Gruppe der „Nabis“, der Paul Sérusier, Pierre Bonnard und Edouard Vuillard angehörten, stehen die „Fauves“, in der Sammlung vertreten durch André Derain, Maurice de Vlaminck und Kees van Dongen, gegenüber. Die Künstlergruppen „Brücke“ und „Blauer Reiter“ stehen synonym für den Expressionismus der Jahre 1905 bis 1914. Mit Werken von Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein, Emil Nolde und Otto Mueller bilden die Maler der „Brücke“ einen Schwerpunkt der Sammlung.
1909 wurde die „Neue Künstlervereinigung München“ gegründet. Der aus Wuppertal stammende Maler Adolf Erbslöh gehörte zu den Gründungsmitgliedern. Erste Ausstellungen seiner Mitstreiter:innen, die wenig später den „Blauen Reiter“ gründeten, in den Museen in Barmen und Elberfeld sind seiner Vermittlung zu verdanken. Neben Marcs „Blauer Fuchs“, zwei Gemälden von Kandinsky und je einem von Gabriele Münter und Marianne von Werefkin gehören Jawlenskys „Mädchen mit Pfingstrosen“ und „Schwarze Augen“ heute zu den bekanntesten Werken der Sammlung.
Pablo Picassos „Akrobat und Harlekin“ (1905) war 1911 das erste Gemälde des Spaniers in einer öffentlichen Sammlung, wurde aber von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und später verkauft, so dass es heute nicht mehr dem Museum gehört. Dafür zählen heute fünf bedeutende Werke Picassos zum Bestand, darunter mit „Mann mit Pelerine“ (1900) ein frühes Selbstbildnis.
Zwischen den Weltkriegen
Der Erste Weltkrieg hatte tiefe psychische und physische Wunden hinterlassen. Oskar Kokoschkas eindrucksvolles „Selbstbildnis“ spiegelt die Stimmung der Zeit. Andererseits geben die technoiden Formen von Fernand Léger, von dem die Sammlung drei Gemälde umfasst, wie auch das berühmte Bild „Simultanvision“ des Futuristen Umberto Boccioni eine Vorstellung von der neuen Faszination der Maler für moderne Technologien. Der Kubismus ist in der Sammlung mit zentralen Werken von Picasso („Harlekinfamilie“), Juan Gris („Pierrot“), André Derain („Stillleben mit Hut und Gefäßen“) und Jean Metzinger („Stillleben“) vertreten.
Lyonel Feininger, von dem das Museum zwei Gemälde besitzt, und Oskar Schlemmer, waren an der „Bauhaus“-Schule in Weimar als Lehrer tätig. Als die Nationalsozialisten Schlemmer jegliche künstlerische Tätigkeit untersagten, bot ihm der Wuppertaler Lackfabrikant Dr. Kurt Herberts 1940 neue Arbeitsmöglichkeiten. Mit vier Gemälden und über 300 Zeichnungen bildet das Schlemmer-Konvolut heute einen Schwerpunkt der Sammlung.
Max Ernst entdeckte 1925 neue Techniken, um Unbewusstes aufzuspüren. Aus seiner Pariser Phase besitzt das Museum zwei charakteristische Gemälde: „Golfstrom“ und „Zwei anthropomorphe Figuren“. Von Salvador Dalí als weiterem Vertreter des Surrealismus befindet sich „Das wahre Bild der Toteninsel Arnold Böcklins zur Stunde des Angelus“ in der Sammlung.
Neue Sachlichkeit, Dix und Beckmann
Zu den vehementesten Verfechtern des sozialkritischen Realismus in den 1920er Jahren zählen Otto Dix, George Grosz und Conrad Felixmüller, die alle sehr prominent in der Sammlung vertreten sind. Im Zuge der „Neuen Sachlichkeit“ gewann das Porträt eine zentrale Bedeutung. In der Sammlung des Von der Heydt-Museums dokumentieren dies nicht nur Jankel Adlers melancholische Darstellung von Else Lasker-Schüler, sondern vor allem Dix’ skurriles Porträt des Wuppertaler Juweliers Karl Krall. Mit beißendem Spott prangert Georg Scholz in seinem Gemälde „Industriebauern“ die satte Selbstzufriedenheit und die Bigotterie der Bauern an.
Daneben entwickelte sich ein gemilderter klassizistischer Stil der Neuen Sachlichkeit, zu dem die geheimnisvollen Stadtlandschaften von Franz Radziwill zählen. Die Verfremdung der Wirklichkeit betrieb ähnlich der Elberfelder Maler Carl Grossberg, zu dessen Hauptthema die moderne Industriewelt wurde. In seinen Wuppertaler Bildern verwandelt Grossberg banale Stadt- und Maschinenansichten in magische Erscheinungen.
Mit neun Gemälden und 110 Papierarbeiten bildet das Werk Max Beckmanns einen weiteren Schwerpunkt in der Sammlung des Von der Heydt-Museums. Neben seinem gesellschaftskritischen Werk der 1920er Jahre sind vor allem seine großen, dichtgedrängten Figurenkompositionen aus seinem Spätwerk bekannt.
Das 19. Jahrhundert in Deutschland
Die Sammlung des Von der Heydt-Museums umfasst Landschaften von Jacob Philipp Hackert, Carl Blechen, Joseph Anton Koch, Oswald Achenbach und Carl Rottmann. Einen weiteren Schwerpunkt der sehr umfangreichen Sammlung von Gemälden des 19. Jahrhunderts bilden die Werke des Düsseldorfer Künstlers Heinrich Christoph Kolbe, der das Wuppertaler Großbürgertum porträtierte. Aus dem Münchner „Leibl-Kreis“ sind neben Wilhelm Leibl die Maler Wilhelm Trübner, Carl Schuch, Johann Sperl und Hans Thoma in der Sammlung vertreten, ebenso die drei bedeutendsten „Deutschrömer“ Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach und Hans von Marées.
Die wichtigsten Richtungen der Moderne um 1900 in Deutschland sind mit Werken von Paula Modersohn-Becker (die Sammlung umfasst mehr als 20 Gemälde der Künstlerin), den deutschen Impressionisten wie Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt und Walter Leistikow präsent. Mit fünf seiner bekanntesten Gemälde gehört zudem Edvard Munch zu den herausragenden Malern dieser Zeit in der Sammlung.
Die „Schule von Barbizon“ und der Impressionismus
Die Sammlung des Von der Heydt-Museums umfasst Werke der sogenannten „Schule von Barbizon“, von Henri Rousseau, Jules Dupré, Charles-Francois Daubigny, Narcisso Virgilio Díaz de la Pena, Constant Troyon und Jean-Baptiste Camille Corot, ebenso wie von Gustave Courbet, die als Vorläufer des Impressionismus gelten. Edouard Manets „Der Fischer“ und Paul Cézannes „Die Eremitage in Pontoise“ stehen beispielhaft für die weitere Entwicklung der französischen Kunst. Mit drei Landschaften von Claude Monet, Alfred Sisleys „Le canal du Loing“, Paul Signacs „Segelboote im Hafen von Saint-Tropez“ sowie Werken von Camille Pissarro, Edgar Degas, Auguste Renoir und drei bedeutenden Frühwerken von Vincent van Gogh bilden die Impressionisten einen Schwerpunkt der Sammlung.
Flämische und holländische Landschafts- und Genremalerei
Das Von der Heydt-Museum Wuppertal verfügt über eine der reichsten öffentlichen Sammlungen niederländischer Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts in Nordrhein-Westfalen. Zu ihr zählen allein 60 Gemälde, unter ihnen hochrangige Arbeiten von Aelbert Cuyp, Jan van Goyen, Joos de Momper, Pieter Neefs d. Ä., Jacob van Ruisdael, Herman Saftleven III und Frans Snyders. Auch auf dem Gebiet der Grafik ist das Museum breit aufgestellt, mit Werken von Hendrick Goltzius, Nicolaes Berchem, Cornelis Dusart und Rembrandt, um nur einige Namen zu nennen. Die Gemälde sind mit wenigen Ausnahmen durch Schenkungen in das Museum gelangt.
Kunst nach 1950
Das städtische Museum von Wuppertal galt bereits in den ersten Nachkriegsjahren als ausgesprochen fortschrittlich. Ein Werk von Willi Baumeister, der wie Oskar Schlemmer in der Zeit des Nationalsozialismus im Laboratorium des Wuppertaler Farbenfabrikanten Kurt Herberts arbeitete und heute als Vater der deutschen abstrakten Kunst gilt, wurde bereits 1947 angekauft. Und schon 1953 stellte Joseph Beuys hier aus. Für die Entwicklung der informellen Malerei genauso wie für die Entstehung von Fluxus und Happening spielte zudem die Wuppertaler Galerie Parnass (1961-1965) eine wichtige Rolle. Mit frühen Ankäufen von Gemälden aus dem Umkreis der Informellen Malerei, von Ernst Wilhelm Nay, Emil Schumacher, Karl Otto Götz, Rupprecht Geiger und Fritz Winter, setzte sich die progressive und an der zeitgenössischen Avantgarde orientierte Sammlungstätigkeit des Museums fort. Jean Dubuffet, Lucebert, Asger Jorn, Georges Mathieu stehen dabei für deren internationale Ausrichtung.
Neben den Zero-Künstlern Otto Piene, Heinz Mack, Adolf Luther und Lucio Fontana, fand auch die deutsche Variante der Pop-Art, wie sie Richter, Polke und auf ganz eigene Art auch Konrad Klapheck vorführen, Eingang in die Sammlung. Und ebenso wurden Vertreter:innen der konzeptuellen Malerei, die sich auf die Analyse ihrer Malmaterialien konzentrierten, angekauft. Zu nennen sind Raimund Girke, Ulrich Erben und Kuno Gonschior – in der Sammlung ergänzt durch Arbeiten der Amerikaner Marcia Hafif, Joseph Marioni und des Iren Sean Scully.
Zeitgenoss:innen
Unterstützt von der Renate und Eberhard Robke-Stiftung konnten in den zurückliegenden Jahren zahlreiche Werke zeitgenössischer Kunst erworben werden, darunter von Tony Cragg, Per Kirkeby, Cornelius Völker, Frank Nitsche, Corinne Wasmuth, Tatjana Valsang, Driss Ouadahi und anderen.
Die Skulpturensammlung
Die Skulpturensammlung umfasst ca. 500 Skulpturen des 19. und 20. Jahrhunderts. Bereits 1910 wurde die monumentale Skulptur „Schreitender Mann“ von Auguste Rodin erworben. Durch August von der Heydt gelangten Constantin Meuniers „Ecce Homo“, Rodins „Porträtbüste des Bildhauers Falguière“, Wilhelm Lehmbrucks „Geneigter Frauenkopf“ sowie mehrere Werke von Bernhard Hoetger in die Sammlung. Sein Sohn Eduard von der Heydt schenkte in den 1940er und 1950er Jahren dem Museum ebenfalls zahlreiche Plastiken, mit Ausnahme von Edgar Degas und Maurice Sarkissoff, überwiegend von deutschen Bildhauern und Bildhauerinnen, darunter Renée Sintenis, Klinger und Lehmbruck.
Aber auch neue abstrahierende und abstrakte Werke, so von Rudolf Belling „Kopf in Mahagony“ und von Alexander Archipenko „Schreitende“, fanden Eingang in die Museumssammlung. Im Erwerb der Werke von Reg Butler, Alexander Calder, Lynn Chadwick, Henry Moore aus den 1950er Jahren sowie jüngerer Werke von Tony Cragg, Anthony Caro, Donald Judd, George Segal und Maurizio Nannucci spiegelt sich die internationale Entwicklung auf dem Gebiet der Plastik. 1974 erhielt das Museum überdies fünf Plastiken von Hans Arp, entstanden zwischen 1933 und 1961 als Geschenk. Ein weiterer Schwerpunkt der Skulpturensammlung liegt mit zahlreichen Werken von Künstlern aus dem Umkreis der Zero-Gruppe – etwa Lucio Fontana, Nicolas Schöffer oder Günther Weseler – bei der Kunst der 1960er Jahre.
Die Grafische Sammlung
Das Spektrum reicht von der Renaissance bis zur Gegenwart. Ein Schwerpunkt liegt bei Albrecht Dürer und seinen Zeitgenossen sowie den Niederländern des 17. Jahrhunderts. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Grafiken deutscher Künstler des Klassizismus und der Romantik. Darunter sind 41 Zeichnungen sowie das „Neapler Skizzenbuch“ des 1837 in (Wuppertal-) Elberfeld geborenen Hans von Marées. Weiter sind Werke der deutschen Expressionist:innen, vor allem die Künstler der „Brücke” zu entdecken, ebenfalls die umfangreichen Konvolute von Wegbereitern der Moderne – Max Klinger, Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Beckmann.
Mit den Schenkungen Eduard von der Heydts kamen bis 1964 außergewöhnliche Blätter der französischen Kunst hinzu, von Paul Cézanne, Edgar Degas, Claude Monet, Georges Seurat, Alfred Sisley, dem jungen Pablo Picasso und von Marc Chagall. Zu den Kostbarkeiten zählen zudem zwölf Zeichnungen und Aquarelle von Paul Klee.
Die Fotosammlung
Mit rund 700 Werken von mehr als 50 Künstlern und Künstlerinnen aus einem Zeitraum von rund 100 Jahren besitzt das Von der Heydt-Museum ein spannendes und facettenreiches fotografisches Konvolut, das sich von Man Ray, Hugo Erfurth, August Sander, Karl Blossfeldt oder Florence Henri über Wols, Peter Keetman Jan Dibbets und Guido Jendritzko bis zu Fotoarbeiten zeitgenössischer Künstler:innen wie Klaus Rinke, Bernd und Hilla Becher, Ursula Wevers und Bettina Pousttchi erstreckt.